Pharma-Influencer-Marketing: Mehr Chance als Herausforderung

Wussten Sie, dass Cornelia Poletto im Auftrag von AstraZeneca multimedial den Kochlöffel schwingt? Oder Wayne Carpendale ...

Wussten Sie, dass Cornelia Poletto im Auftrag von AstraZeneca multimedial den Kochlöffel schwingt? Oder Wayne Carpendale der MS-Kampagne von Roche auf allen Kanälen ein Gesicht gibt? Prominente Namen können die Aufmerksamkeit auf bestimmte Themen lenken. Aber „echte“ Betroffene mit „echten“ Problemen erreichen das unter Umständen einfacher – weil sie glaubwürdiger sind. Hier verraten wir, wie Sie das für Ihr Pharmaunternehmen nutzen können.

Influencer ist nicht gleich Influencer

Influencer-Marketing ist eigentlich klassisches Testimonial-Marketing – das nur auf anderen Kanälen als bisher stattfindet, wie z. B. auf Instagram, YouTube oder Snapchat. Wer hier so interessant zu berichten vermag, dass sein Zielpublikum (siehe Follower) dranbleibt, kann es durchaus zu einiger Berühmtheit bringen. Influencer fotografieren, kommentieren, filmen (siehe Vlogger), schreiben (siehe Blogger), plaudern (siehe Podcasts) über Reisen, Kosmetik, Abnehmen, Nachhilfe, Yoga, Energiewende und ja: auch über ihre Erkrankungen. Wer mit seiner Meinung den Nerv der breiten Masse trifft, wird schnell zum abonnierten Superstar. Je mehr Follower, desto mehr Celebrity-Status. Jetzt wird es interessant für die Pharmabranche, oder?

Nano, Micro oder Celebrity?

Inzwischen werden Influencer geclustert. Wer mehr als 5 Millionen Follower hat, darf sich als Celebrity ansehen. Menschen mit bis zu 10.000 Followern sind beispielsweise Nano- und bis 50.000 Follower Micro-Influencer. Celebrities sprechen viele Menschen an – Micro-Influencer haben dagegen eine spitzere Zielgruppe. Beide können im Bereich Healthcare als echte Stimme und Verstärker der eigenen Botschaft genutzt werden – vor allem, wenn es sich um reale Betroffene handelt. Wenn diese Menschen unzensiert aus ihrem Leben, von ihrer Krankheit und den Erfahrungen mit ihren Therapien berichten, dann wirkt das so viel glaubhafter und zielgerichteter, als es Anzeigen oder TV-Spots vermögen. Aber: Je mehr Follower ein Influencer hat, desto teurer wird es.

Influencer-Marketing bringt‘s

Influencer schaffen Awareness für Produkte, Dienstleistungen und Marken. Wie gut das funktioniert, belegen Studien. So wird heute jeder Dritte durch Influencer auf neue Produkte aufmerksam gemacht.2 Oftmals können Influencer ihre Botschaften glaubwürdiger an die Zielgruppe bringen, weil sie nur für sich sprechen und ausschließlich ihre eigenen Erfahrungen wiedergeben. Das ist besonders bei der jüngeren Generation interessant, für die klassische Medien immer weniger eine Rolle spielen. Stattdessen findet man 53 % der 14–29-Jährigen täglich auf Instagram, 27 % auf Snapchat. 24 % auf Facebook und ca. 7 % auf dem Videoportal TikTok.1 Twitter spielt kaum eine Rolle, 1 dafür ist aber der Kanal YouTube recht beliebt – und das interessanterweise nahezu altersübergreifend.2

Als Agentur verfügen wir über eine breite Datenbasis, die uns hilft, vorherzusagen, wie sich Interessenten verhalten und wo wir sie am besten antreffen. Das ist wichtig, um unsere Kunden bei ihren Influencer-Kampagnen zielgruppengenau beraten zu können.

Wir denken: less is more

Wer mit einem medialen „BÄM!“ starten und ein möglichst breites Zielpublikum erreichen möchte, ist bei Macro-Influencern mit mehr als 500.000 Followern goldrichtig. Viele dieser Influencer-Stars werden von Agenturen vertreten und haben dementsprechend ihren Preis.

Geht es allerdings darum, möglichst viel Interaktion und Glaubwürdigkeit zu erreichen, sind Influencer mit weniger Anhängern zumeist die bessere Wahl: Eine Studie des Influencer-Marketing-Unternehmens Markerly zeigt für Instagram, dass sogenannte Nano-Influencer mit ca. 1.000 Followern die höchste Interaktionsrate erreichen. Die Daten zeigen auch, dass bei steigender Followerzahl die Interaktionrate in Form von Likes und Kommentaren abnimmt. Der Studie zufolge bieten Influencer im Bereich von 10.000 bis 100.0000 Followern die beste Kombination aus Engagement und großer Reichweite.3

Daher sollten vor der Auswahl des geeigneten Influencers für eine Healthcare-Kampagne die eigenen Ziele klar definiert sein: Geht es um Masse und Bekanntheit? Oder steht Glaubwürdigkeit und Interaktion im Mittelpunkt – mit vielleicht „weniger“ Followern, die dafür aber zum Großteil meiner Zielgruppe angehören? In letzterem Fall besteht ein wesentlicher Vorteil darin, dass Erfolge schnell sichtbar und genau messbar sind – selbst bei einem kleineren Budget.

Den richtigen Healthcare-Influencer finden

Wie bei jeder Marketingkampagne steht am Anfang der übliche Dreiklang: Recherche, Analyse und Planung. Wer ist meine Zielgruppe? Was sind meine Ziele? Eine Umfeldüberprüfung sowie ein mehrstufiger Fraud-Check sollten nicht vergessen werden. Hier wird herausgefunden, ob die angegebenen Follower echt sind und man nicht einem Fake-Account mit gekauften Likes aufsitzt.

Im Anschluss geht es darum, die passenden Influencer und Blogger zu finden. Für Pharmaunternehmen eignen sich vor allem Patienten-Influencer, die aus eigener Erfahrung über ihre Erkrankung berichten, aber auch Lifestyle- und Fitness-Blogger. Es sollte jemand sein, der besonders authentisch ist.

Tipp: Um ein optimales Maß an Glaubwürdigkeit zu erzielen, sollten die Influencer von Anfang an in den Prozess der Ideenfindung mit eingebunden werden.

Was ist erlaubt im Pharmamarketing?

Wir alle kennen die Generika-Zwillinge und Muttis heilende Hände, die blaues Gel zum Durchatmen auftragen. Denn für frei verkäufliche OTC-Produkte gibt es kaum Beschränkungen. Das gilt auch für jede Art von Nahrungsergänzungsmitteln, Kosmetika, Fitness- und Pflegeprodukten, die frei im Handel erhältlich sind. Was aber ist mit den rezeptpflichtigen Rx-Präparaten und den damit verbundenen ernsthaften Erkrankungen? In diesem Fall wird das Marketing von Pharmaunternehmen durch das HWG (Heilmittelwerbegesetz) stark reglementiert. Oft sind hier Disease-Awareness-Kampagnen via Patienten-Influencer genau das Richtige. Diese können andere Patienten ermutigen, sich für eine neue Therapie zu engagieren, wenn die bisherige nicht so recht hilft. Oder einen Symptomtest zu machen, der für eine innovative Behandlung qualifiziert. Oder aber an einer Therapie dranzubleiben, auch wenn ein symptomlindernder Effekt nicht sofort einsetzen will. Patienten-Influencer-Marketing kann einiges bewirken in puncto Persistenz, Adhärenz und Aufklärung – und das, ohne je ein Arzneimittel namentlich zu benennen.

Fazit:

Wir sind der festen Überzeugung, dass für Pharmaunternehmen eine große Chance im Engagement von Influencern liegt. Vor allem empfiehlt sich der Einsatz von Patienten-Influencern, da sie einen direkten Draht zu Ihren Kunden haben und als Markenbotschafter besonders glaubwürdig und authentisch wirken.

Kleines Influencer-Glossar

Follower
So nennt man die Nutzer von Social-Media-Kanälen, die eine bestimmte Seite oder einen bestimmten Kanal abonniert haben und diesen folgen (follow).

Vlogger
Vlog setzt sich zusammen aus Blog und Video. Hierbei handelt es sich um eine Art persönliches Tagebuch in Videoform auf einem Social-Media-Kanal.

Blogger
Blogger schreiben ein öffentliches Tagebuch zu einem bestimmten Thema auf einem Social-Media-Kanal.

Podcast
Ein Podcast ist ein abonnierbarer digitaler Audiobeitrag zu einem bestimmten Thema.

Influencer-Clusterung
Nano-Influencer (1.000 – 10.000 Follower)
Micro-Influencer (10.000 – 50.000 Follower)
Mid-Tier-Influencer (50.000 – 500.000 Follower)
Macro-Influencer (500.000 – 1.000.000 Follower)
Mega-Influencer (1.000.000 – 5.000.000 Follower)
Celebrity-Influencer (über 5.000.000 Follower)


1 Beisch, Natalie/Schäfer, Carmen (2020): Internetnutzung mit großer Dynamik: Medien, Kommunikation, Social Media, [online] https://www.ard-zdf-onlinestudie.de/files/2020/0920_Beisch_Schaefer.pdf [23.04.2021].

2 PwC (2018): Zwischen Entertainer und Werber – Wie Influencer unser Kaufverhalten beeinflussen, [online] https://www.pwc.de/de/handel-und-konsumguter/pwc-zwischen-entertainer-und-werber.pdf [23.04.2021].

3 Markerly (n. d.): Instagram Marketing: Does Influencer Size Matter?, [online] https://markerly.com/blog/instagram-marketing-does-influencer-size-matter/ [23.04.2021].

Bildcredits: Unsplash

Archiv