Ärzte nutzen Medikamenten-Apps wie „Rote Liste“, „Arznei Aktuell“ oder „Arzneimittel Pocket“, um bei Bedarf zu allen Medikamenten und Wirkstoffen auf dem aktuellsten Stand zu sein. Aktuelle Daten aus den USA zeigen, dass dort knapp 80 Prozent der Mediziner ihr Smartphone für fachliche Recherchen einsetzen und oft mehrfach täglich via App entsprechende Datenbanken konsultieren.
Apotheker checken mit Anwendungen aus dem App-Store die PZN-Nummern, Buchhalter holen sich mit Programmen wie „KBV2GO!“ den aktuellen Gebührenordnungskatalog auf den Smartphone-Bildschirm. Medizinstudenten und Assistenzärzte transportieren den Pschyrembel im Pocket-Format auf ihrem Tablet, nutzen „Prometheus“ zum Anatomie-Studium oder holen sich mit Spezial-Apps wie „AO Surgery Reference“ Fachtipps bei Behandlungen. Selbst Fachärzte kommen ohne passende App kaum noch durch den Alltag – Angeboten wie „inPractice® – Oncology“ und „Embryotox“ sei Dank. Und Bürger und Patienten verlassen sich auf Überwachungs- und Protokoll-Apps für Blutzuckermessungen, Blutdruckwerte oder Vital-Werte. Immerhin 20 Prozent der Menschen geben einer Umfrage des Magazins „Healthcare Marketing“ zufolge an, mindestens eine Healthcare-App regelmäßig zu nutzen.
Die verstärkte Nutzung von Healthcare Apps durch ihre wichtigste Zielgruppe, die Mediziner, bietet für Vertreter der Pharmabranche echte Chancen. Wem es gelingt, Applikationen zu entwickeln, die für die Anwender einen hohen Nutzwert mitbringen, der kann seine Healthcare Kommunikation um einen wertvollen Faktor erweitern. Und dadurch nicht nur seine Reputation bei den Zielgruppen ausbauen, sondern auch gezielte Datensammlung betreiben – und so noch genauer zu den Wünschen und Bedürfnissen der Zielgruppen vordringen.
Über das Anbieten einer eigenen App hinaus können Pharma-Player auch die Möglichkeit nutzen, durch Weiterbildung ihre Kundenbindung zu vertiefen. Workshops oder Seminare zum Umgang mit digitalen Applikationen in der Praxis oder im Klinik- oder Apothekenalltag treffen bei den Nutzern auf großes Interesse. Vor allem der rechtliche Aspekt dürfte viele Anwender interessieren. Denn in diesem Zusammenhang sind momentan noch die wenigsten Mediziner sattelfest. Und das kann eklatante Auswirkungen haben.
Der Einsatz von Apps in der Healthcare Kommunikation ist für viele Ärzte und Praxismitarbeiter inzwischen so selbstverständlich geworden, dass sie oft völlig unbewusst in rechtlich bedenkliches Territorium kommen. So zeigt eine Analyse des britischen Instituts Forrester Research, dass viele Mediziner inzwischen Dienste wie WhatsApp, Snapchat oder sogar Facebook nutzen, um Informationen zu und mit Patienten und Therapieverläufen auszutauschen. Zudem sind die Patientendaten von mehr als 1,5 Millionen Betroffenen über den Dienst DeepMind von Google zugänglich gemacht worden. Das Bedürfnis zu diesem Austausch ist verständlich – doch die Datensicherheit, die Grundlage für das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient, ist bei diesen Kanälen kaum sicherzustellen. Die Reaktion des National Health Service in Großbritannien auf diese Erkenntnisse war das Verbot des Austauschs über solche Applikationen. Doch dies ist langfristig natürlich keine Lösung. Vielmehr müssen sichere Wege gefunden werden, auf denen sich Mediziner untereinander und mit ihren Patienten austauschen können.
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