Digitale Gesundheitsversorgung: Die wachsende Bedeutung von Algorithmen

Die Zunahme von Healthcare-Apps und digitalen Lösungen im Alltag von Gesundheitsdienstleistern geht einher mit einer Zunahme von gesammelten Daten.

Diese Daten bilden die Grundlage für den Einsatz von Algorithmen, die speziell auf die Gesundheitsversorgung bezogen sind. Die Programme dienen dazu, aus der riesigen Datenflut genau die Erkenntnisse herauszufiltern, die für die zuverlässige Diagnostik, die individuelle Behandlung von Patienten oder auch die Planung präventiver Healthcare-Maßnahmen benötigt werden.

Relevante Erkenntnisse für die Gesundheitsversorgung werden aus so vielfältigen Datenquellen wie medizinischen Testergebnissen, dem Input von Fitness-Armbändern, digitalen Patientenakten und dauerhaftem Monitoring durch medizinische Geräte generiert. Die Einsatzfelder derartiger, zunehmend auf künstlicher Intelligenz (KI) basierender Lösungen in der Gesundheitsbranche sind riesig. Doch neben den Chancen sollten die Risiken des Algorithmus-Einsatzes nicht unterschätzt werden.

Studienergebnisse prognostizieren wachsende Algorithmus-Nutzung

In der aktuellen Studie „Algorithmen in der digitalen Gesundheitsversorgung“ kommen Wissenschaftler der Universität zu Köln zu dem Schluss, der Algorithmus-Einsatz wachse vor allem in den Bereichen Diagnostik, Monitoring, Präzisions- und Intensivmedizin sowie in der Pathologie, Radiologie und Anästhesie und werde weiter zunehmen. Die Untersuchung erfolgte im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Sie stellt fest, dass im Healthcare-Bereich, auf Basis von Algorithmen und modernen Analysetools, bereits umfangreiche Überwachungsmöglichkeiten von Patientenwerten und -verhalten bestehen. Die Vorteile: Dank elaborierter Datenauswertung wird die Früherkennung verbessert, Diagnosen können präziser, schneller und genauer erfolgen, medizinisches Fachpersonal wird bei Routineaufgaben unterstützt, medizinischer Bedarf lässt sich besser planen und koordinieren.

Doch die neuen, algorithmusgesteuerten Anwendungen haben auch ihre Schattenseiten. Vor allem ethische Fragen entstehen, sobald man Entscheidungen über Fragen in der Patientenversorgung in die Hände eines KI-basierten Systems statt in menschliche Hände legt. Auch Haftungsfragen sind in vielen Bereichen kaum geklärt: Wer steht zum Beispiel in der Verantwortung, wenn auf Grundlage einer durch einen Algorithmus errechneten Empfehlung eine medikamentöse Behandlung erfolgte, die dem Patienten Probleme bereitet?

Empfehlungen für den Algorithmus-Einsatz in der digitalen Gesundheitsversorgung

In der Kölner Studie werden Empfehlungen zur Algorithmus-Nutzung für die digitale Gesundheitsversorgung gegeben, die gewissermaßen die Grundlage zukünftiger Entwicklungen bilden sollten. Beispielsweise wird empfohlen, für innovative Systeme zur Datenverarbeitung einheitliche Standards zu schaffen – sowohl für die Verarbeitung als auch für den Austausch der Daten. Ziel ist, eine einheitliche, objektive Basis für die Bewertung der Daten zu etablieren. Außerdem empfehlen die Forscher die Zusammenstellung interdisziplinärer Teams auch für die Algorithmen-Programmierung. Bei der Verwendung und Kontrolle der Analysesysteme und -ergebnisse sollte ebenfalls interdisziplinär gedacht werden.

Als wichtiges To-do beim erfolgreichen Algorithmen-Einsatz gilt auch die Einbindung der Patienten: Deren Zustimmung ist bei vielen Prozessen in der digitalen Gesundheitsversorgung unerlässlich und sollte auf Aufklärung und Verständnis basieren. Ein Algorithmus kann zum Beispiel dem Arzt die Diagnostik erleichtern – durch blitzschnelles Zusammenführen der Daten aus den verschiedensten Quellen –, jedoch nicht die Aufklärung des Patienten abnehmen. Versteht der Patient nicht, worauf die Diagnose basiert, entfaltet manch eine Behandlung nicht die gewünschte Wirkung – speziell bei psychischen Erkrankungen. Der Patient sollte deshalb nicht nur als Datenquelle, sondern auch als Partner in der Therapie verstanden werden. Und dabei sind statt Algorithmen eher traditionelle Kompetenzen wie Kommunikationsfähigkeit und Empathie gefragt.

Fazit: Chancen und Risiken erkennen und intelligent abwägen

Die Chancen, die sich aus der Erhebung und bedarfsspezifischen Auswertung von Gesundheitsdaten ergeben, sind enorm. Die Zeitersparnis im medizinischen Alltag ist dabei ebenso von Vorteil wie die Zuverlässigkeit von Diagnosen und das verbesserte Monitoring bei Behandlungen. Doch so intelligent digitale Programme heute und in Zukunft auch sein mögen: Ethische Abwägungen und speziell der kommunikative Brückenschlag zum Patienten liegen weiterhin im Verantwortungsbereich menschlicher Healthcare-Akteure. Die Herausforderung für Mediziner, Pharmafirmen, Therapeuten und Co. liegt darin, die Chancen intelligenter Systeme zu erkennen und sich dabei auch der Risiken bewusst zu sein.

Bildcredits: unsplash

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